Auf dem Markt der öffentlichen Kassen

Die Staatsquote setzt die gesamten Ausgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie der Sozialwerke ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung). Aus Sicht der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung sind allerdings nicht alle Staatsausgaben wertschöpfungsrelevant. So dient ein grosser Teil der Staatsausgaben dazu, die in verschiedenen volkswirtschaftlichen Sektoren entstandene Wertschöpfung umzuverteilen (Transferausgaben).

Bei der Staatsquote zeichnen sich ein grosser Trend und ein kleiner Trend ab:

  • Zum grossen Trend: Zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und dem Ende des 20. Jahrhunderts stieg die Staatsquote in ähnlicher Weise in allen westeuropäischen Staaten von unter 10 auf bis ca. 50 Prozent (in der Schweiz auf knapp unter 40 Prozent);
  • Zum kleinen Trend: Seit den 1990er Jahren bleibt in der Schweiz die Staatsquote – berücksichtigt man den Anteil an Transferausgaben – stabil.

Voraussichtlich wird diese Stabilisierung der Staatsquote anhalten. Der Bedarf an öffentlichen Mitteln nimmt aber auch im Kanton Zürich weiter zu, beispielsweise aufgrund von hohen Ersatzinvestitionen im Infrastrukturbereich oder Ausgabensteigerungen im Gesundheits- und im Bildungswesen. Da unklar ist, inwiefern diese Ausgaben mit zusätzlichen Steuereinnahmen vollständig finanziert werden können, nimmt der Konkurrenzkampf um die Verteilung der finanziellen Mittel über alle staatlichen Ebenen zu. Das bedeutet, dass ein zweistufiger Wettbewerb installiert bleibt:

  • Die Nationalstaaten (und innerhalb des Bundesstaates Schweiz durchaus auch die Kantone) stehen im Standortwettbewerb miteinander (Stichwort: «Market-States»), deren Faktoren sind: Infrastruktur, Gesundheits- und Bildungssystem, politische Stabilität, Steuerbelastung u. a.
  • Die Aufgaben der öffentlichen Hand stehen im Wettbewerb miteinander: Ausgaben für die militärische Sicherheit versus Ausgaben für die soziale Sicherheit, Gesundheitsausgaben versus Bildungsausgaben etc.


Was das bedeuten kann, lässt sich anhand folgender vier Felder skizzieren:

  • Verteilung der Aufgaben der öffentlichen Hand: Diese erfolgt in einem mehrstufigen politischen System verstärkt unter finanzpolitischen Perspektiven: Wer zahlt, befiehlt;
  • Legitimation der Aufgaben der öffentlichen Hand: Leistungsüberprüfungen sind der Regelfall und betreffen ganze Aufgabenfelder und blosse Einzelfälle;
  • Anforderungen an die öffentliche Verwaltung: Die Bedeutung der «Steuerung» nimmt erheblich zu. Ausgaben sind legitimierbar im Kontext von Monitoring, Versorgungsplanung, Controlling, Qualitätsmanagement etc.;
  • Politische Intentionen: Für das Sozial- und Bildungssystem führt eine mögliche bzw. intendierte Verknappung von Ressourcen regelmässig zu Forderungen nach «Hilfe zur Selbsthilfe» bzw. «Hilfe zur Disziplinierung» (und umgekehrt).

«Eine Strategie soll plausibel begründbar, Entwicklungsenergie mobilisierend und eine «Eigenkonstruktion des Systems» sein. Diesem Grundsatz folgten die gesamten bisherigen nextAJB-Arbeiten.»

André Woodtli

Auf dem Markt der öffentlichen Kassen